Anti-Müller-Hormon (AMH)BiochemieDas Anti-Müller-Hormon (AMH) ist ein homodimeres Glykoprotein und hat verglichen mit den Gonadotropinen ein viermal größeres Molekulargewicht. Es gehört zur TGF-ß-Familie, der auch die verschiedenen Inhibine und Aktivine angehören. Diese Glykoproteine haben eine wesentliche Funktion bei der Zelldifferenzierung sowie beim Zellwachstum.PhysiologieWährend der Embryonalentwicklung spielt AMH eine Rolle bei der Geschlechtsdifferenzierung. Bei männlichen Feten wird es von den Sertoli-Zellen gebildet und führt zur Rückbildung der Müller´schen Gänge. Bei den weiblichen Feten fehlt AMH, was zur Ausbildung von inneren weiblichen Geschlechtsorganen führt.Die Produktion von AMH findet bei Frauen in den Granulosa-Zellen statt und beginnt, sobald postneonatal Primär-Follikel mit Granulosa-Zellen gebildet werden. AMH reguliert einerseits das Follikelwachstum durch Hemmung der Umwandlung vom frühen zum antralen Follikel und senkt andererseits die Rate des Recruitments vom primordialen zum heranwachsenden Follikel. Mit zunehmendem Alter entleert sich der Follikelpool der Frau und dementsprechend sinkt auch die AMH-Konzentration bis auf nicht mehr messbare Werte in der Menopause. Während des Menstruationszyklus lässt sich keine signifikante Schwankung in der AMH-Konzentration nachweisen. Somit kann AMH zu jedem beliebigen Zeitpunkt des Menstruationszyklus bestimmt werden. Auch eine vaginale oder orale Verabreichung von Kontrazeptiva beeinflusst die AMH-Konzentration nicht. (1) Klinische BedeutungDer Einsatzbereich des AMH liegt vor allem in der Bestimmung der ovariellen Reserve im Rahmen von Sterilitätsabklärung und IVF-Behandlung. Die AMH-Konzentration verhält sich altersabhängig direkt proportional zur Anzahl der potenziell reifungsfähigen Follikel und spiegelt somit die Funktionsreserve des Ovars am besten wieder. (2)Beim ovariellen Überstimulations-Syndrom (OHSS) fand man deutlich erhöhte AMH-Spiegel. (3) Patientinnen mit diagnostiziertem PCO-Syndrom weisen verglichen mit gesunden Frauen erhöhte AMH-Spiegel auf. Die vermehrte AMH-Bildung hemmt die weitere Follikelreifung und könnte somit für einen anovulatorischen Zyklus verantwortlich sein. (4) Die Auswirkung der Chemotherapie auf die ovarielle Reserve lässt sich mittels AMH Bestimmung direkt verfolgen. Patientinnen unter Chemotherapie zeigten einen AMH- Abfall bereits zur Beginn der Therapie. Die AMH-Bestimmung kann somit einerseits als Marker zur Beurteilung der Ovartoxizität im Rahmen einer Chemotherapie, andererseits aber auch bei der Wahl eines adäquaten Chemo-therapeutikums eingesetzt werden. (5) Die AMH-Serumkonzentration korreliert mit der Spermatogenese von Männern, bei denen ein Maldescensus testis besteht oder bestand. Sie kann als Marker für die Funktion, Reifung und Anzahl der Sertoli-Zellen eingesetzt werden. (6) Bei nicht obstruktiver Azoospermie wurden im Vergleich zur obstruktiven Form deutlich niedrigere Werte gefunden. Die AMH-Bestimmung kann somit ebenfalls zur Ursachenklärung einer Azoospermie herangezogen werden. (7) In der Pädiatrie kann die AMH-Bestimmung bei folgenden Erkrankungen wertvolle Hilfestellung leisten:
Indikationen
Präanalytik
Dr. med. Michael Schuster Facharzt für Laboratoriumsmedizin, Facharzt für Transfusionsmedizin Literatur Streuli, I., et al.: Serum antimüllerian hormone levels remain stable throught the menstrual cyle after oral or vaginal administration of synthetic sex steroids, Fertil. Steril 90 (2008) 395 - 400 Van Rooij, I. A., et al.: Serum antimullerian hormone levels best reflect the reproductive decline with age in normal women with proven fertility: a longitudinal study. Fertil. Steril. 83 (2005) 979 - 987 Lee, T. H., et al.: Serum anti-Müllerian hormone and estradiol levels as predictors of ovarian hyperstimulation syndrome in assisted reproduction technology cycles. 23 (2008) 160 - 167 Nardo, L. G., et al.: Circulating basal anti-Müllerian hormone levels as predictor of ovarian response in women undergoing ovarian stimulation for in vitro fertilization. 2008 (epub ahead of print) Pellat L., et al.: Granulosa cell production of anti-Müllerian hormone is increased in polycystic ovaries. 92 (2007) 240 – 245 Anderson, R. A., et al.: The effects of chemotherapy and long-term gonadotropin suppression on the ovarian reserve in premenopausal women with breast cancer. Hum. Reprod. 21 (2006) 2583 – 2592 Tüttelmann, F., et al.: Anti-Müllerian hormon in men with normal and reduced sperm concentracion and men with maldescended testes. Fertil. Steril. 91 (2009) 1812 - 1819 Muttukrishna, S., et al.: Serum anti-Müllerian hormone and inhibin B in disorders of spermatogenesis. Fertil. Steril. 88 (2007) 516 - 518 |
|